Ausstellung-Detailseite

20.01. – 18.03.2012

Otto Herbert Hajek: Keimzelle Erlangen

Otto Herbert Hajek wurde am 27. Juni 1927 in Kaltenbach im Böhmerwald geboren und 1944 als 17-Jähriger zum Kriegsdienst einberufen. Nach dem Krieg wurde die Familie aus ihrer Heimat vertrieben. Otto Herbert Hajek kam allein über Lauf an der Pegnitz 1946 in Erlangen an. Bis 1947 ging der damals 19-Jährige auf das heutige Ohm-Gymnasium. Finanziell hielt er sich mit Schnitz-arbeiten, u.a. Schachfiguren aus Holz, über Wasser. Seine Schularbeiten und die Schnitzereien konnte er in einer Gaststätte im Geburtshaus des Malers Otto Grau in der Oberen Karlstraße 22 erledigen. Dort gab es dann auch gelegentlich Essen „ohne Marken" für ihn, woran er sich zeitlebens erinnerte.

Die Bedeutung, die die Stadt Erlangen für Otto Herbert Hajek hatte, hob vor allem Josef Adolf Schmoll, genannt Eisenwerth, ein namhafter Münchener Kunstgelehrter, in einer Laudatio hervor, Zitat: „Die von Kriegszerstörungen verschonte Stadt bot mit ihrer Altstadt auch ein Bild besonderer urbaner Ordnung, das großen Eindruck auf den heranwachsenden Künstler machte. (...) Gerade das konstruktivistische Element seiner reifen Kunst wurde wohl unbewusst auch durch die sinnliche Wahrnehmung der Schachbrett- und Gitterstruktur der städtebaulichen Anlage der fränkischen Hugenotten-, Residenz- und Universitätsstadt mit angeregt."

1947 zog es den Künstler von Erlangen weg - nach Stuttgart, wo er die Kunstakademie besuchte und bis zu seinem Tod im Jahr 2005 lebte. Er nahm 1958 an der Biennale Venedig teil und 1959 und 1964 an der documenta in Kassel. Von 1972 bis 1979 wirkte er als Vorsitzender des Deutschen Künstlerbundes. In dieser Funktion spielte er eine einflussreiche kulturpolitische Rolle: Er vertrat die deutsche Kunstszene bei zahlreichen offiziellen Delegationsreisen und engagierte sich tatkräftig für den Ost-West- und Nord-Süd-Kulturdialog der Bundesrepublik. Außerdem setzte er sich im Rahmen der KSZE Konferenzen für eine grenzüberschreitende kulturelle Kommunikation ein.

1987 ehrte das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg Hajek mit einer großen Werkschau - aus Anlass der Überlassung seines schriftlichen Nachlasses.

 

Im Zentrum der Arbeiten des Künstlers Otto Herbert Hajek steht die enge Beziehung von Form, Farbe und Raum zu Mensch und Gesellschaft. Kunst in einen intensiven und sich ständig verändernden Diskurs zur Umgebung zu setzen, war sein Anliegen. "Zeichen setzen - Zeichen für Menschen" lautet sein Plädoyer für ein Grundrecht des Menschen auf eine ästhetische Gestaltung seiner Umgebung. Raum verstand er vor allem als menschlichen Kontext, der durch seine Kunst als gestaltbares Umfeld wahrgenommen werden sollte.

Das Kunstpalais Erlangen versammelt neben einem retrospektiven Werküberblick mit Bildern und Skulpturen, der im Untergeschoss des Kunstpalais zu sehen ist, erstmals zahlreiche städteplanerische Entwürfe des Künstlers, darunter auch nicht realisierte Gestaltungsvorschläge öffentlicher Plätze, und fragt - ausgehend von der idealistischen Haltung Hajeks - nach den zeitgenössischen Bedürfnissen bei der Gestaltung öffentlicher Räume.

Stadträume artikulierten für Hajek nicht nur die Folgen gesellschaftlicher Bedingungen, sondern waren auch Ursache dieser Strukturen. Die Stadt als Auslöser, als Akteur gesellschaftlicher Strukturierung. Mit dem Eingriff in den Stadtraum, mit seinen farbigen Gestaltungen möchte Hajek den Menschen zeigen, Zitat: "dass er sich darin aufhalten und sich nachbarschaftlich verhalten kann." Darüber hinaus sind seine Platzgestaltungen auch als Beitrag zur Demokratisierung von Kunst zu verstehen, mit optimalen Rezeptions- und Partizipationsbedingungen.

Aus diesem Grund haben wir dem Themenfeld der Platzgestaltungen das gesamte Obergeschoss der Ausstellung gewidmet. Chronologisch beginnen sie im hinteren Raum mit dem Frankfurter Frühling von 1964, einem der ersten Environments der Kunstgeschichte. Es folgen ein nicht realisierter Entwurf für Hannover und Platzgestaltungen in Karlsruhe, in Schwelm und Düsseldorf. Den Abschluss bilden die größte Platzgestaltung des Künstlers im australischen Adelaide, die von Queen Elizabeth eröffnet wurde, und die umfassende wie einmalige Gestaltung des Mineralbads Leuze in Stuttgart zu einem Gesamtkunstwerk.

Im letzten Ausstellungsraum werden das Abiturzeugnis des Künstlers, ein Brief seines Zeichenlehrers, zahlreiche Fotos aus seinem Leben und ein Film über sein Wirken als international agierender Künstler gezeigt.

Film zur Ausstellungseröffnung

Vernissage: 19.01.2012
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