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Hermann Glöckner

3 Phasen

1980

Mappe mit drei Faltungen (Acryl auf Papier)
Maße: jeweils 70 x 50 cm
Signatur, Datierung, Nummerierung: jeweils verso signiert und nummeriert rechts unten
Exemplar-Nummer: 11/20
Herausgeber: Edition Hoffmann, Friedberg
Verlag: Eikon Grafikpresse, Dresden
Inventar-Nummer: 1001257.1–3

 

Als Künstler, der das Falten von Papier zum Thema und Motiv vieler seiner Arbeiten gemacht hat, spielt Hermann Glöckner in seinen 3 Phasen mit der Wahrnehmung des Betrachters. Im Gegensatz zu seinen Faltungen aus Seidenpapier, die er anschließend auf schwarz lackierte Tafeln montierte,1 täuschen diese bedruckten Blätter die Phasen einer Faltung nur vor. Dargestellt ist ein dreigliedriges Leporello im beinahe zugeklappten, weiter geöffneten und schließlich so aufgefalteten Zustand, daß die drei Achsen stufenförmig in einem Winkel von 90 Grad zueinander stehen. Die angedeutete Dreidimensionalität wird vor allem durch die dunkle Einfärbung der Mittelachse erzeugt. Um Räumlichkeit exakt in der Fläche darstellen zu können, faltete Glöckner das weiße Blatt vorher und strukturierte es durch die sechs sich abzeichnenden Quadrate in gleicher Größe und die Diagonalen, die er vor dem Druck partiell mit Farbe füllte.


Hier wird Glöckners typischer Schaffensprozeß, die Verräumlichung des flächigen Materials durch das Falten, umgekehrt: Das raumhaltige Gebilde überträgt er in die Zweidimensionalität. Durch die Darstellung unterschiedlicher Phasen und Zustände eines Faltungsprozesses verzeitlicht Glöckner das Werk, unterstreicht seine Prozessualität.
Die winkligen Formen der dreidimensionalen Gebilde und der auf die Fläche gebrachten 3 Phasen sind aus seiner Umgebung abstrahiert, die der Künstler, wie er selbst beschreibt, bereits früh auch ästhetisch betrachtet hat: „Dort sah ich die Flächen der Felder und die Flächen der Dächer, die Giebel und eben schon Formen, die später ganz ausgeprägt zu meinen Bildinhalten werden sollten.“2
Seine Aufmerksamkeit richtete er auf bereits durchdachte und konstruierte Gebilde, zerlegte und abstrahierte sie und experimentierte so mit ihrer Beschaffenheit: „Was da gefunden worden ist, wurde frei gefunden, wenn auch auf konstruktiver Grundlage.“3 Alles hat demnach nicht nur zwei sondern drei Seiten.


Jari Ortwig

 

 

1 Vgl. Kat. der Ausst. Hermann Glöckner. Faltungen. Arbeiten aus fünf Jahrzehnten, hrsg. v. Kornelia von Berswordt-Wallrabe, Kunstsammlungen Schwerin 1996, S. 12.
2 John Erpenbeck (Hrsg.), Hermann Glöckner. Meine Arbeit ist mein Leben, in: Hermann Glöckner Ein Patriarch der Moderne, Berlin 1983, S. 55.
3 Ebd., S. 58.