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Erich Buchholz

Konstanten – Variablen

1964/72

Mappe mit sechs Siebdrucken
Maße: jeweils 61,5 x 61,5 cm
Signatur, Datierung, Nummerierung: jeweils signiert Mitte unten, datiert rechts unten, nummeriert links unten
Exemplar-Nummer: 98/100
Verlag: Edition Hoffmann, Friedberg
Text: Erich Buchholz
Inventar-Nummer: 1001036.1–6

 

Erich Buchholz hat sich die Grundlagen seiner künstlerischen Arbeit bereits in den 1920er Jahren erworben, als er die Prinzipien des Konstruktivismus, der De Stijl Gruppe und des russischen Suprematismus kennenlernte. Er grenzte sich jedoch als Maler vom orthodoxen Programm dieser Kunstrichtungen der Vorkriegszeit ab und entwickelte eine Abstraktion ohne jede Referenz. Auf der Basis der konstruktiven Prinzipien der Kunst einerseits und einer erweiterten Lebens- und Weltanschauung andererseits wollte er einem Paradigmenwechsel Rechnung tragen, den auch der Titel dieser Serie Konstanten – Variablen ausdrückt. Das Zusammenspiel von rational definierten Prinzipien und spontan intuitiven Impulsen prägte seitdem seine Kunst. Dem ewigen Gesetz der Wiederkehr sah er das Gesetz der ewigen Nichtwiederkehr gegenübergestellt.1


In den 1960er Jahren begann Erich Buchholz frühere Zeichnungen und Skizzen druckgraphisch umzusetzen.2 Bei der hier vorgestellten Arbeit handelt es sich um eine Serie, die auf dem Zusammenspiel von Konstanten und Variablen basiert. Die sechs Kompositionen enthalten geometrische Formen in den Farben Rot, Schwarz und Weiß. In allen Blättern stimmen Anzahl und Formen der verschiedenen Elemente überein. Zwei Dreiergruppen sind durch die Grundfarben Rot und Schwarz voneinander getrennt. Auf der jeweils quadratischen Fläche eines Blattes liegen drei horizontale Linien und ein zentrales Querrechteck, schwarz beziehungsweise weiß, fest. Die drei Linien im rechten unteren Viertel der Bildfläche liegen in gleichem Abstand übereinander, verlängern sich aufsteigend und führen den Blick in die Bildmitte. Dort ergeben die kleinen Querrechtecke auf gleicher Höhe in allen sechs Blättern einen konstanten Fixpunkt in Schwarz beziehungsweise Weiß. Als Variablen kommen, von Blatt zu Blatt anders verteilt, ein großes und ein kleines Rechteck hinzu, quer, längs oder diagonal angeordnet. Diese beweglichen Elemente haben in je einer Reihe dieselbe Farbe.
Im System der Farbgebung hat Buchholz zwei von drei möglichen Varianten realisiert, hinsichtlich der Komposition der Grundformen sind unzählige weitere Möglichkeiten denkbar. Die konstanten und variablen Elemente des Bildes bilden dabei das Repertoire.


Mit den Worten des Philosophen Karl Jaspers, der ein Zeitgenosse von Erich Buchholz war, läßt sich dazu sagen: „Das Beständige hat keine wahre Höhe. Dieses kommt nur dem Aufschwung des Augenblicks zu.“3


Sven Künzel

 

 

1 Vgl. Kat. der Ausst. Erich Buchholz. Zeichnungen, Plastik, Ölbilder, Aquarelle. Kunstverein Braunschweig 1961, S. 12.
2 Kat. der Ausst. Erich Buchholz. Graphik, Malerei, Relief, Architektur, Typographie, hrsg. v. Richard W. Gassen, Lida von Mengden, Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen am Rhein, Köln 1998.
3 Karl Jaspers, Psychologie der Weltanschauungen, München 1985, S. 156