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Chuck Close

Phil (Philip Glass)

2002

Drei Reliefdrucke mit Prägung auf handgeschöpftem, eingefärbtem Bütten
Maße: jeweils 67 x 56 cm
jeweils signiert Mitte unten, datiert rechts unten, nummeriert links unten
Exemplar-Nummer: 1/40
Herausgeber: Edition Schellmann, München/New York
Inventar-Nummer: 1002695.1–3  

 

Verblüffung und Faszination – das sind Ziele der Blow-up-Paßbilder von Chuck Close.1 Seit den 1960er Jahren macht er Polaroid-Photographien von Freunden und Bekannten – hier dem Komponisten Philip Glass – um sie in einem zweiten Schritt in ein überdimensionales Gemälde zu übertragen oder zu drucken. Close teilt die Gesichtshälften in Koordinaten und benutzt für jede Partie eine andere, auf diese fokussierte Photographie. Dann vergrößert er sie, setzt sie zu einem Bildkonglomerat zusammen und überträgt sie per Hand in eine andere Gattung der bildenden Kunst. Charakteristische Details wie Poren, Falten oder Haare treten so schärfer als in der Wirklichkeit – also hyperrealistisch – zu Tage.


Tatsächlich liegt es an der Vergrößerung des Kopfes, daß man zunächst stutzt und innehält. Dabei geht es Close nicht vorrangig um die dargestellte Person, sondern um die künstlerische Umsetzung einer Photographie in Graphik oder Malerei, also in ein handwerklich hergestelltes, in der Regel überlebensgroßes Bild. Der Künstler will auf diese Weise die Illusion eines Photos überbieten. Durch die Aufrasterung einerseits und den malerischen Duktus und die Qualität des Bildträgers andererseits gelangen die Porträtierten aus dem abgelegten Dokument der Momentaufnahme zu neuem Leben. Seit 1981 verwendet Close – wie in diesem Werk – handgeschöpfte Papiermasse, die er durch ein Gitter gießt. So entsteht das reliefartige Bildraster in verschiedenen Graustufen, das den Blick des Betrachters fesselt. Erst durch seine Beteiligung, sein aktives Sehen, wird das jeweilige Gesicht erkennbar als Verbindung von Teilen und Ganzem. Erst im Abstand von der Bildfläche sind die Gesichtszüge eines Menschen zu sehen, erst dort fügen sich die Einzelheiten zu einem Gesamteindruck. Als Neo-Impressionist und Hyperrealist zieht Close den Betrachter in den Bann seiner Bilder, die eine akribisch-mikroskopische Sicht auf körperliche Details verbinden mit der Distanznahme durch das Rasterverfahren, die auf das Wesen eines Menschen zielt. Mit diesem künstlerischen Verfahren wird die Photographie überboten, so daß der Blick des Betrachters eine neue Belebung erfahren kann.


Melanie Bollmann

 

 

1 Madeleine Grynsztejn, Siri Engberg (Hrsg.), Chuck Close. Self-Portraits 1967–2005, Minneapolis 2005.