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Markus Lüpertz

Sieben über ML

1980

Mappe mit sieben Lithographien auf 250g Velin Arches Bütten
Maße: jeweils 80 x 57 cm
Signatur, Datierung, Nummerierung: jeweils signiert rechts unten, nummeriert links unten
Exemplar-Nummer: 5/5
Druck: Clot Bramsen et Georges, Paris
Herausgeber: Galerie Heiner Friedrich, München
Inventar-Nummer: 1001093.1–7

 

Markus Lüpertz, der nicht an die Existenz Gottes glaubt, sondern allein an die kirchliche Organisation der Religion, die für ihn eine große kulturgeschichtliche Leistung darstellt, glaubt doch um so mehr an das Genie in seiner künstlerischen Schöpfung. Und die Quelle seiner Inspiration bildet die vom Christentum geprägte Kulturgeschichte des Abendlandes.


Im Gegensatz zum Erscheinungsbild der eher ungegenständlichen Lithographien läßt ihr Titel Sieben über ML darauf schließen, daß der Künstler selbst Gegenstand der Darstellung ist. Die beiden Initialen, die sowohl auf dem Deckblatt der Mappe als auch auf dem siebten und abschließenden Blatt, in starkem Hell/Dunkel-Kontrast zu finden sind, entsprechen dem Schriftzug der Signatur von Markus Lüpertz. So setzt er sich in direkte Beziehung zu der bedeutungsvollen Zahl sieben, die in der christlichen Tradition unter anderem die Zahl der Tugenden und Todsünden, sowie der Schöpfungstage ist. Doch kann man Lüpertz’ Werk nicht allein vor dem Hintergrund der christlichen Religion betrachten. Vielmehr muß man etwas weiter in die Geschichte vordringen, da er, inspiriert von den Schriften Friedrich Nietzsches, auch der antiken Kultur Relevanz für sein künstlerisches Schaffen beimißt. So wandelte Lüpertz das altgriechische Loblied des Dionysoskultes zur künstlerischen Pathosformel, die er 1966 in seinem „Manifest. Kunst, die im Wege steht. Dithyrambisches Manifest“ betonte. So meint man in der ersten Lithographie die überlängte, an den Felsen gefesselte Figur der Andromeda zu erkennen, die dem Seeungeheuer zum Wohle des Staates Äthiopien geopfert werden sollte. Perseus, griechischer Held und Sohn des Zeus, scheint aus dem Hintergrund zur Rettung der Schönen herbeizueilen. Insgesamt sind die Lithographien stark von Schwarz/Weiß-Kontrasten geprägt, die nur an den diffusen Konturen Grauwerte zulassen.


Der Gegensatz von spitzen, rauhen und zerrissenen Formen einerseits und weichen, runden Formen andererseits erzeugt einen erstaunlich räumlichen Effekt. Zwischen diesen Formen blitzen immer wieder expressiv gezeichnete menschliche Figuren aus dem bedrohlichen Dunkel hervor und verstärken die ohnehin betonte Senkrechte. Die Mappe ist ein frühes Werk im Rahmen des graphischen OEuvres von Markus Lüpertz. Der Künstler betont hier die Möglichkeiten des Arbeitsprozesses, indem er dem gestalterischen Zufall entscheidenden Anteil läßt. Zum einen regt er die Phantasie des Betrachters an, aus der Fläche den Raum zu denken, zum anderen feiert Lüpertz durch die „frivole“ Handhabung der jeweiligen Technik, die er aus ihren Konventionen befreit, den Vorrang der Malerei vor den anderen Medien.1


Nadja Gebhardt

 

 

1 Vgl. Siegfried Gohr, Zur Druckgraphik von Markus Lüpertz, in: Markus Lüpertz, Druckgraphik, Werkverzeichnis 1960–90, Edition Cantz, München 1991, S. 13. (Wv. Nr. 166 B/a , 160 II, 161 B, 162 B, 163 B, 164 B, 165 B, 166 B/b)