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Rudolf Jahns

ohne Titel

1928/1976

Kassette mit sechs Serigraphien, Schwarz/Rötel auf geprägtem Feld auf Fabriano Bütten
Maße: jeweils 77,5 x 57 cm
Signatur, Datierung, Nummerierung: jeweils signiert und datiert rechts unten, nummeriert links unten
Exemplar-Nummer: 89/100
Herausgeber und Verlag: Edition Hoffmann, Friedberg
Texte: Rudolf Jahns, Walter Vitt
Inventar-Nummer: 1001045.1–6
 

Als Mitglied der Gruppe „die Abstrakten Hannover“1, die sich in den 1920er Jahren zusammenschloß, war Rudolf Jahns dennoch Außenseiter und teilweise sogar Antagonist zu den Konstruktivisten. Jahns, der Poet, konstruiert nicht – er komponiert; und so hebt sich seine intuitive Kunst von jenen streng berechneten Arbeiten seiner Kollegen ab. Jahns’ Formensprache wirkt zwar ebenso rational kalkuliert und kühl, doch sind es offenbar seine inneren Befindlichkeiten, die er in geometrische Gebilde übersetzt.


Die Gefüge aus schwarzen, aneinandergereihten Quadraten und Rechtcken erscheinen subtil belebt – genau dies ist der Unterschied zu einer konstruktivistischen Arbeit. Jahns produziert keine Formen der Formen wegen, sondern komponiert aus einer kontemplativen Grundstimmung heraus. Die dargestellten Rastergefüge sind nicht statisch – sie wachsen, entwickeln sich und nehmen Bezug auf „außerbildnerische Wirklichkeiten.“2 Sie erinnern an die Kompositionen Paul Klees und Wassily Kandinskys, die ebenfalls eine Analogie zu Tönen und Rhythmen aus der Musik aufweisen.
Trotz der Asymmetrie und der Dynamik ihrer Verteilung auf der Bildfläche halten die schwarzen Grundformen eine Balance. Es entstehen Assoziationen mit Labyrinthen, auf die man aus der Vogelperspektive hinabschaut. Eine Harmonie in der Komposition kann nach einer Aussage Jahns’ nur durch die innere Ausgewogenheit des Künstlers selbst zu Papier gebracht werden, ein Aspekt, der zusammen mit der formalen Gestaltung der schwarzen Balken an japanische Zeichenkunst erinnert.


Neben seinen meist vielgliedrigen und feinen Arbeiten stellen die wuchtigen Verzweigungen geometrischer Grundformen eher eine Ausnahme dar: Hier wollte Jahns wohl etwas schaffen, das seinem künstlerischen Naturell widerstrebte.3 Zwar ausgewogen, doch schwerer und massiver, könnten die Arbeiten mit den schwarzen Balken an mechanische Vorgänge, Maschinen und komplexe Geräte erinnern. Die Entwicklung der Menschheit hin zu einer technisch organisierten Massengesellschaft war dem Künstler eher verhaßt. Er arbeitete lieber zurückgezogen auf dem Land als in der Großstadt. Die industrielle Moderne mit ihren technischen Neuerungen scheint dennoch in seine Kompositionen mit eingeflossen zu sein. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Art von Gesellschaftskritik oder politischer Stellungnahme – Jahns’ Kunst ist subjektiv und sehr persönlich.


Jari Ortwig

 

 

1 Dieter Ronte, Rudolf Jahns 1919–1928, in: Kat. der Ausst. Rudolf Jahns, Galerie Karin Wesel, Wiesbaden 1978, o. S.
2 Walter Vitt, Der Konstruktivist Rudolf Jahns. Text zu einer Mappe mit sechs Siebdrucken nach Originalen von 1927 und 1928, Friedberg 1976.
3 Ebd.