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Gilberto Zorio

ohne Titel

1966

Drei aquarellierte Reliefdrucke auf Bütten, Teer, Vulkansand
Maße: jeweils 44,5 x 60,5 cm
Signatur, Datierung, Nummerierung: jeweils signiert rechts unten, nummeriert links unten
Exemplar-Nummer: 27/30, 24/30, 25/30
Inventar-Nummer: 1001477, 1001478, 1001479
Abbildung: Blatt 2

 

Die drei Blätter Gilberto Zorios1 zeigen einen Vulkanausbruch. Ordnet man sie einem Triptychon gleich an, läßt sich das Naturschauspiel als Abfolge dreier Stadien betrachten: vor, während und nach dem Ausbruch.


Der Vulkan ist nicht mehr in Ruhe. Er speit bereits Lavabrocken, deren Flugbahnen  nachgezogen werden, und die im Umkreis des Schlotes schon zahlreich niedergegangen sind. Der Rand des Kraters und die umliegenden Hänge haben sich rötlich braun verfärbt, was auf das unmittelbar bevorstehende Ereignis schließen läßt: den Ausbruch. Der Höhepunkt ist dem zentralen Blatt vorbehalten, welches, wie bei einem Altar als Mitteltafel fungierend, die Hauptszene zeigt: die gewaltige Eruption. Die Lava wird weit aus dem Inneren des Vulkans hinausgeschleudert und glüht in einem feurigen Hellrot, das auf dem letzten Blatt an den Kraterrändern nur noch dunkelrot nachleuchtet. Der Hintergrund ist in einem aquarellartig aufgetragenen Braungrau gefärbt, wie auch die größten Teile der Oberfläche des gesamten Vulkanausschnittes. Es scheint, als seien infolge der gewaltigen Explosion ungeheuere Aschemengen auf ihn niedergegangen.


Zorio verbindet die drei Blätter formal durch die wiederkehrende Grundstruktur des Vulkans. Sie scheint wie mit einem breiten Pinsel in großen Schwüngen skizziert. Wie der Umriß wiederholen sich auch die feinen, die Flugbahn nachahmenden Linien und die über die Blätter reich verteilten grauen Farbtropfen. Allein durch das Mittel der lasierend aufgebrachten Braun-, Rot- und Grau-Tönungen werden die drei Stufen des Ausbruchs voneinander unterschieden.


Eine weitere Verbindung zum realen Geschehen wird über die Verwendung des Materials geschaffen. Zur Visualisierung werden die natürlichen Materialien Teer und Lavasand genutzt. Relikten gleich werden sie eingesetzt, um der Darstellung Authentizität zu verleihen. Das tiefe Schwarz des Teers konturiert den Vulkan. Über diese Konturen hinweg findet sich der feine schwarze Vulkansand verteilt, der den Eindruck erweckt, vom wirklichen Geschehen zu stammen, glühend heiß auf dem Teer aufgebracht worden zu sein, um mit ihm zu verschmelzen.
Zorio, ein Vertreter der Arte Povera, beschäftigt sich auch in dieser Serie mit einem zentralen Thema dieser italienischen Künstlergruppierung der späten 60er Jahre, dem Energiepotential der Materie. In diesem Falle handelt es sich um eine tödliche Energie, die wie beim Vesuvausbruch von Pompeji (79 n. Chr.) alles Leben zum toten Bild erstarren ließ.


Nadine Stück

 

 

1 Weiterführende Literatur zu Gilberto Zorio: Kat. der Ausst. Gilberto Zorio, hrsg. v. Germano Celant, Centro per l’Arte Contemporanea Luigi Pecci Prato, Florenz 1992; Kat. der Ausst. Arte Povera in Collezione. Arte Povera in Collection, hrsg. v. Debbie Bibo, Castello di Rivoli Turin, Mailand 2000.